Schweizerdeutsch: vom Bettmümpfeli bis zum Velo Schweizerdeutsch: vom Bettmümpfeli bis zum Velo

2. Juni 2025

Schweizerdeutsch: vom Bettmümpfeli bis zum Velo

Bei dem Wort „Schweiz“ denke ich zuerst an Schokolade und dann an ein relativ kleines Land inmitten Europas, das es auf immerhin vier Landessprachen bringt: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Für über 60 Prozent der Bevölkerung ist Deutsch die Amtssprache. Da das Schweizerhochdeutsch ein größere Anzahl standardsprachlicher Besonderheiten herausgebildet hat, gibt es den Schweizer Duden.

02.Juni 2025

Schweizerdeutsch: vom Bettmümpfeli bis zum Velo

Bei dem Wort „Schweiz“ denke ich zuerst an Schokolade und dann an ein relativ kleines Land inmitten Europas, das es auf immerhin vier Landessprachen bringt: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Für über 60 Prozent der Bevölkerung ist Deutsch die Amtssprache. Da das Schweizerhochdeutsch ein größere Anzahl standardsprachlicher Besonderheiten herausgebildet hat, gibt es den Schweizer Duden.

Von Schweizer Höflichkeit

Vor Jahren bin ich zu einer Buchpräsentation nach Bern gefahren, da ich an dem vorgestellten Buch beteiligt gewesen war. Es kamen viele Menschen. Überrascht erkundigte ich mich, warum sie reinstes Hochdeutsch sprachen, sogar der Verleger in seiner Rede. Ich war darauf eingestellt, nicht alles zu verstehen, denn Berner sprechen untereinander meist Dialekt. Die Antwort lautete: Da die Lektorin Deutsche sei, wolle man auf sie Rücksicht nehmen, damit sie folgen könne. Wie freundlich von ihnen! So lernte ich nicht nur die Schweizer Höflichkeit, sondern auch den „Apéro“ (Aperitif) schätzen.

Schweizerhochdeutsch oder Schweizerdeutsch?

Eine französische Kollegin erzählte mir, dass sich die französische Sprache in der Schweiz von der in Frankreich deutlich unterscheide. In der deutschen Sprache kommt es ebenfalls zu nicht unerheblichen Abweichungen: Beispielsweise können Artikel in Deutschland andere sein als in der Schweiz („das Tram“ anstatt „die Tram“) oder Verben („tönt“ statt „klingt“) oder Substantive („Velo“ statt „Fahrrad“) oder Präpositionen („etwas an die Sitzung mitbringen“ statt „etwas zu der Sitzung mitbringen“). Dazu kommen Unterschiede in der Grammatik und einiges mehr.

In der Schweiz unterscheidet man zwischen Schweizerhochdeutsch und Schweizerdeutsch. Offiziell ist Hochdeutsch in der gesprochenen wie geschriebenen Sprache üblich, also in der Schule, im Fernsehen oder in Büchern, Zeitungen und anderen Publikationen. Im Alltag spricht man allerdings Schweizerdeutsch. Das ist ein Oberbegriff für verschiedene Dialekte, zum Beispiel Berndeutsch, Baseldeutsch, Zürichdeutsch. Selbst für Deutsche mit guten Sprachkenntnissen sind sie nicht immer einfach zu verstehen. Früher bevorzugte die gehobene Schweizer Gesellschaft außerdem Französisch, weshalb Wörter wie „Trottoir“ oder „Merci“ noch heute üblich sind.

3 Sprachtipps für Deutsche in der Schweiz

Da das Schweizerhochdeutsch in seinen Feinheiten so manchem Deutschen nicht bekannt ist, können diese drei Tipps helfen, Fettnäpfchen zu vermeiden:

  1. Besser kein „-li“ an jedes Wort anhängen, weil es abwertend wirkt („Fränkli“).
  2. Auf der sicheren Seite ist man mit „Guten Morgen“, „Guten Tag“, „Guten Abend“ oder auch „Hallo“ zur Begrüßung. „Grüezi“ geht immer, klingt aber nur überzeugend, wenn die Betonung stimmt.
  3. Zum Abschied ist „Auf Wiedersehen“ oder „Adieu“ empfehlenswert. Ein „Tschüss“ wirkt zu persönlich, wenn man sich nicht näher kennt.

Im Lektorat willkommen: Helvetismen

Meine ersten Bearbeitungen von Texten für Schweizer Verlage, die ETH Zürich und andere Schweizer Kunden werden sicher für Stirnrunzeln bei der anschließenden Durchsicht gesorgt haben. Dennoch haben sich die höflichen Schweizer nie beschwert. Artikel, Verben und Substantive sind als Helvetismen gut zu erkennen und daher von Fehlern zu unterscheiden. Bei Präpositionen und in der Grammatik sieht die Sache schon schwieriger aus. Nach so langer Zeit als Lektorin kenne ich inzwischen das Schweizerhochdeutsch. Jeder Schweizer darf meiner Bearbeitung rundum vertrauen. Ein prüfender Blick zum Schluss wäre dennoch gut.

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