3. März 2025

Wissenschaftlicher Schreibstil leicht gemacht

Viele Studierende und Doktoranden bitten mich als wissenschaftliche Lektorin, vor allem ihren Schreibstil in Bachelor- und Masterarbeiten oder Dissertationen zu verbessern. Das übernehme ich gerne. Doch da stilistische Änderungen zeitintensiv in der Bearbeitung sind, könnte mein Honorar auf Stundenbasis in schwindelerregende Höhen steigen. Das muss nicht sein. Hier die wichtigsten Tipps, um einen Text stilistisch gut vorzubereiten.

03.März 2025

Wissenschaftlicher Schreibstil leicht gemacht

Viele Studierende und Doktoranden bitten mich als wissenschaftliche Lektorin, vor allem ihren Schreibstil in Bachelor- und Masterarbeiten oder Dissertationen zu verbessern. Das übernehme ich gerne. Doch da stilistische Änderungen zeitintensiv in der Bearbeitung sind, könnte mein Honorar auf Stundenbasis in schwindelerregende Höhen steigen. Das muss nicht sein. Hier die wichtigsten Tipps, um einen Text stilistisch gut vorzubereiten.

Das Ich in wissenschaftlichen Texten

In Deutschland besteht für (geistes)wissenschaftliche Autoren die allgemeine Vorgabe, in Texten nicht direkt von sich selbst zu sprechen, also „ich“, „mir“ und „mein“ zu vermeiden. Der Gedanke dahinter ist, Sachlichkeit und Rationalität im wissenschaftlichen Denken zu betonen.

Wenn ein Doktorand zum Beispiel seine eigene Studie vorstellt, muss er den Sachverhalt umschreiben und darf zugleich keinen Zweifel an seiner Autorschaft lassen. Manche sprechen daher von sich in der dritten Person als „der Verfasser“, andere formulieren Passivsätze oder verwenden das unschöne „man“. Doch immer häufiger erhalte ich Dissertationen mit „ich“ darin. Wenn ein Autor sich in seiner Argumentation auf den Standpunkt eines anderen Autors bezieht oder wenn er einen Begriff neu definiert, scheint das Forscher-Ich inzwischen akzeptiert zu sein. Welche Handhabung erlaubt ist, sollten Studierende und Doktoranden immer an der Uni klären.

Bitte einfache Sätze formulieren!

Wissenschaftliche Autoren denken häufig, zu einem guten Stil gehöre, lange, verschachtelte Satzkonstruktionen zu bilden und eine Aussage kompliziert auszudrücken. Doch das ist ein Irrtum. Es ist viel schwieriger, einen komplexen Sachverhalt in einfachen Worten zu erklären. Daher ist es empfehlenswert, die Aussagen gut verständlich zu formulieren und sie in kurzen, einfachen Sätzen unterzubringen. Außerdem: Die Einleitung in einem anderen Stil zu schreiben als die übrigen Kapitel, ist keine gute Idee, weil alles einheitlich sein sollte, auch der Stil.

Füllwörter und subjektive Wertungen vermeiden

Obwohl ich ein bekennender Fan von Füllwörtern bin – in wissenschaftlichen Texten haben sie nichts zu suchen. Es handelt sich um Adjektive, Partikeln oder Adverbien, die ohne Weiteres entfallen können, ohne dass sich die Aussage oder der Sinn eines Satzes verändert. Das sind zum Beispiel „sehr“, „nämlich“, „allemal“, „eben“, „halt“, „interessant“ oder „irgendwie“. Sie blähen den Text auf und verstellen den Blick auf das Wichtige. Wörter wie „leider“, die also mit einer subjektiven Wertung verbunden sind, bitte vermeiden. Klar, die Zerstörung eines grandiosen Bauwerks oder der Verlust eines Kunstwerks ist traurig, um nur zwei Beispiele zu nennen. Doch in einem wissenschaftlichen Text darf der Autor sein Bedauern darüber nicht formulieren – seine Freude über Positives übrigens auch nicht.

Immer gut: präzise Wortwahl und klare Bezüge

Studierende und Doktoranden sollten ebenso wie wissenschaftliche Autoren ihre Wortwahl sorgfältig bedenken und jede Zweideutigkeit vermeiden. Wenn es beispielsweise darum geht, → Wortwiederholungen auszutauschen, kommen Synonyme ins Spiel. Aber zu viele von ihnen können einen Leser irritieren, sodass er nicht versteht, worum es im Kern geht. Oder Fachbegriffe und Fremdwörter: Sie sind gut und notwendig, doch ein flächendeckender Einsatz muss nicht sein. Auch Floskeln, Metaphern und umgangssprachliche Begriffe sind fehl am Platz. Der Bezug zum vorangegangenen Satz sollte nicht über „dies“ oder „das“ hergestellt werden.

Nochmals zu den Passivsätzen, die gerne verwendet werden, um das „Ich“ zu umgehen: Sie können den aktiven Part und somit die Aussage verunklaren. Besser wären Aktivsätze. Ein Beispiel: „Diese Theorie darf bezweifelt werden“ sollte lauten „Ich bezweifle diese Theorie“ oder ohne „Ich“: „Zweifel an dieser Theorie sind berechtigt.“

Noch mehr tolle Blogartikel

01.03.2024

Der Duden – eine Art Bibel für Lektoren

Zum Artikel

02.04.2024

Preise in meinem Lektorat: Let’s talk about money!

Zum Artikel

02.05.2024

Über den Unterschied zwischen Lektorat und Korrektur

Zum Artikel

03.06.2024

Künstliche Intelligenz und Sprache

Zum Artikel

01.07.2024

Gendern oder: Vom Sternchen zur politischen Debatte

Zum Artikel

01.08.2024

Über gute und weniger gute Füllwörter

Zum Artikel

02.09.2024

Ausrufezeichen: besser sparsam verwenden!

Zum Artikel

01.10.2024

It makes sense: Anglizismen in der deutschen Sprache

Zum Artikel

04.11.2024

Risiko wissenschaftliches Ghostwriting

Zum Artikel

02.12.2024

Wie umgehen mit Zahlen im Text?

Zum Artikel

02.01.2025

Autorenrechte: gut, sie zu kennen

Zum Artikel

03.02.2025

Nazivokabular heute: nicht „totzukriegen“

Zum Artikel