2. April 2024
02.April 2024
Viele Lektoren geben einen festen Seitenpreis für alle möglichen Texte an. Zugleich nennen sie einen Stundensatz, der jedoch kaum zu dem durchschnittlichen Arbeitsaufwand in Bezug auf eine Seite passt. Ein Beispiel: Ein Lektor gibt pro Seite 5 Euro an und zugleich ein Honorar pro Stunde in Höhe von 70 Euro. Demnach müsste er in einer Stunde 14 Seiten bearbeiten. Das ist nicht möglich.
Ein fester Seitenpreis ist nichts anderes als ein Pauschalhonorar. Dieser Betrag wird vor der Bearbeitung festgelegt und kann nach Auftragserteilung nicht mehr verändert werden. Es besteht also kein Anspruch des Lektors, den vereinbarten Betrag später zu erhöhen, sollte er mehr Arbeitszeit benötigt haben als zuvor gedacht. Daher ist ein Pauschalhonorar für den Kunden immer teurer als ein Stundensatz, weil es das finanzielle Risiko eines möglicherweise höheren Arbeitsaufwands abdeckt. Umfasst der zu bearbeitende Text zum Beispiel 300 Seiten und legt man als festen Seitenpreis 14 Euro zugrunde, dann beträgt das Pauschalhonorar 4.200 Euro plus Umsatzsteuer.
Jedes Lektorat ist frei in seiner Preisgestaltung. Ich gehe in der Regel von einem Stundensatz und einer Schätzung aus, wie viele Stunden für die Bearbeitung erforderlich sein werden. Für meine Kalkulation sind unter anderem folgende Faktoren relevant:
1. Art des Texts: Sach-, Fach- und wissenschaftliche Texte, Werbe- und Marketingtexte oder Prosa erfordern bei gleichem Umfang eine unterschiedlich lange Bearbeitungsdauer. Manchmal müssen zusätzlich Fußnoten vereinheitlicht werden oder es ist eine Recherche notwendig, die zeitintensiv sein kann.
2. Art der Bearbeitung: Geht es um eine Korrektur, ein Lektorat mit Korrektur oder ein Umschreiben des Texts? Auch hier fällt die Bearbeitungszeit bei gleichem Textumfang unterschiedlich lang aus, da beispielsweise eine Korrektur schneller ausgeführt ist als das Umschreiben eines Texts.
3. Textumfang: Wie viele Manuskriptnormseiten umfasst der Text? Wie alle Verlage, die ich kenne, gehe ich pro Manuskriptnormseite von 1.800 Zeichen mit Leerzeichen aus. Es handelt sich dabei um eine Texteinheit, die unabhängig von der Formatierung ist. Eine Gesamtzeichenzahl würde somit als Angabe für die Kalkulation genügen.
4. Vorbereitung: Wie gut ist der Text vorbereitet? Klar, wenn viele Tippfehler oder Wortwiederholungen vorkommen, ist mehr zu tun, als wenn sie nur vereinzelt auftreten. Daher profitieren diejenigen, die sorgfältig geschrieben haben: Je weniger Zeit ich benötige, umso günstiger wird es für sie.
Allein diese vier Faktoren beeinflussen die Dauer meiner Arbeitszeit erheblich – und es gibt noch mehr.
Gut, wenn im Lektorat zusammen mit einer Anfrage auch gleich eine Textprobe eintrifft: Zum einen biete ich auf dieser Grundlage gerne ein kostenfreies Probelektorat an, damit Interessenten sehen, wie die Bearbeitung später aussehen würde. Zum anderen halte ich fest, wie viel Zeit für das Probelektorat erforderlich ist und rechne diese dann auf den gesamten Textumfang hoch. So entsteht eine realistische Schätzung der Stundenzahl. Liegt keine Textprobe vor, beispielsweise weil der Text noch nicht existiert, gehe ich von Erfahrungswerten aus. Studierende erhalten übrigens einen Sonderpreis.