1. August 2024

Über gute und weniger gute Füllwörter

Die einen verabscheuen sie, die anderen lieben sie wie ich: Es geht um Füllwörter, die vermeintliche Lücken in einem Satz schließen. Dazu zählen Adjektive, Modalpartikeln oder Adverbien, die keine oder nur eine geringe Bedeutung für die Aussage eines Satzes haben. Anders gesagt: Der Satz kommt auch prima ohne Füllwort aus, denn sein Sinn bleibt unverändert.

01.August 2024

Über gute und weniger gute Füllwörter

Die einen verabscheuen sie, die anderen lieben sie wie ich: Es geht um Füllwörter, die vermeintliche Lücken in einem Satz schließen. Dazu zählen Adjektive, Modalpartikeln oder Adverbien, die keine oder nur eine geringe Bedeutung für die Aussage eines Satzes haben. Anders gesagt: Der Satz kommt auch prima ohne Füllwort aus, denn sein Sinn bleibt unverändert.

Keine Rede ohne Füllwörter

Füllwörter sind in der gesprochenen Sprache üblich und sinnvoll. Sie dienen dazu, eine inhaltliche Aussage zu betonen. Ein Beispiel: „Selbstverständlich kannst du mit dem Auto hinfahren.“ Ohne Füllwort: „Du kannst mit dem Auto hinfahren.“ Oder sie schwächen eine negative Äußerung ab, um den Angesprochenen nicht zu verletzen: „Du wirkst manchmal einfach etwas ungepflegt“ klingt weniger direkt als „Du wirkst ungepflegt“. Außerdem können bei Hintergrundgeräuschen, einer undeutlichen Aussprache oder Hörproblemen Informationen akustisch verloren gehen. Gesprochene Füllwörter dienen in solchen Fällen dazu, diesem Verlust entgegenzuwirken. Ich vermute eine weitere Funktion: Sie überbrücken die Zeit während des Nachdenkens, wenn sich jemand überraschend äußern soll oder nicht gleich weiß, was er antworten möchte.

Vorsicht bei Füllwörtern in Texten

In geschriebenen Texten sind Füllwörter verpönt. Ja, hier könnte ihr Ruf kaum schlechter sein, denn sie blähen den Inhalt unnötig auf und verunklaren die Aussage. Außerdem wirken sie umgangssprachlich. Das Lesen eines Texts mit zahlreichen Füllwörtern ist auf Dauer ermüdend, weil der Leser sich stark konzentrieren muss, um den Inhalt zu verstehen. Daher sollten Füllwörter beispielsweise in wissenschaftlichen Beiträgen, Marketing- und Sachtexten, juristischen Dokumenten oder Geschäftsbriefen entfallen.

Kleine Auswahl sprachlicher Lückenfüller

Die Liste beliebter Füllwörter ist lang, hier nur wenige Beispiele: „ausnahmslos“, „bestimmt“, „eigentlich“, „einfach“, „etwa“, „freilich“, „ganz“, „gerade“, „ja“, „nämlich“, „natürlich“, „nichtsdestotrotz“, „schon“, „sehr“, „selbstverständlich“, „sozusagen“, „wirklich“, „übrigens“, „ziemlich“. Ich finde die Frage schwierig, was unter einem „geringen Aussagewert“ laut Beschreibung der Füllwörter im Duden zu verstehen ist. Es gibt eine Reihe von Füllwörtern, deren Bedeutung für einen Satz je nach Zusammenhang nicht unerheblich sein kann, so bei „ein bisschen“. Einerseits kann es als Füllwort daherkommen, andererseits sich auf eine unbestimmte kleine Menge beziehen. Oder so: Ob jemand schlecht gelaunt oder nur ein bisschen schlecht gelaunt am Frühstückstisch sitzt, kann sich nicht unerheblich auf die morgendliche Stimmung auswirken.

Einfach selbst testen

Nicht wenige werden sich nun fragen: Wie lässt sich bestimmen, ob ein Füllwort vorliegt? Zur Klärung hilft ein kleiner Test: Dafür wird das fragliche Wort einfach aus dem Satz entfernt. Ist die Aussage des Satzes im Wesentlichen unverändert, kann das Füllwort auch dauerhaft entfallen. Übrigens: Jeder Mensch lässt sich anhand seiner Füllwörter phonetisch identifizieren, wie eine Studie der Universität Trier herausfand.

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