2. September 2024
02.September 2024
Das Ausrufezeichen ist zwar deutlich jünger als andere Satzzeichen, dennoch ist sein Ursprung nicht vollständig geklärt. Im 14. Jahrhundert ging der italienische Humanist Jacopo Alpoleio in seiner Schrift „Ars punctandi“ (Kunst der Zeichensetzung), die später irrtümlich Petrarca zugeschrieben wurde, auf die Entstehung des Ausrufezeichens ein und behauptete, sein Erfinder zu sein.
Die ältesten Ausrufezeichen sehen in mittelalterlichen Handschriften so aus: „./“ und erhielten erst mit dem Aufkommen des Buchdrucks in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ihre heute bekannte senkrechte Form: „!“ Der Buchdrucker Friedrich Riederer (um 1450–um 1510) ging in seinem Grammatikbuch „Spiegel der waren Rhetoric“ (1493/1535) ebenfalls auf das Ausrufezeichen ein. Im 17. Jahrhundert dann empfahl der Pädagoge und Didaktiker Wolfgang Ratke (1571–1635) es, um Ausrufe, Wünsche und Verwunderungen zu betonen.
Das Ausrufezeichen soll der geschriebenen Aussage Nachdruck verleihen. Es steht meistens am Ende eines Satzes, eines Teilsatzes oder nach einem einzelnen Wort. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine dezente Betonung, sondern um einen Paukenschlag. Daher sollte das Ausrufezeichen in einem längeren Text nicht flächendeckend vorkommen. Denn zu viele Paukenschläge führen zu Lärm, der nicht unbedingt sein muss.
So betonen Ausrufezeichen vollständige Sätze zusätzlich: „Wie schön, dich nach den Ferien wiederzusehen!“, „Jetzt bist du aber ungerecht!“, „Es sollte eine Überraschung werden!“ Hier könnte am Satzende wahlweise auch ein Punkt stehen, wenn die zusätzliche Betonung entfallen soll.
Geht es um eine nachdrückliche Bitte oder eine unmissverständliche Aufforderung, sind Ausrufezeichen meistens sinnvoll. Hier einen Punkt zu setzen, wäre keine gute Idee: „Bitte entschuldige meine Verspätung!“, „Verschwinde aus meinem Haus!“, „Mach die Tür zu!“ Aber es kommt immer auf die beschriebene Situation und die damit verbundene Stärke der Betonung an, denn möglich wäre auch: „Mach die Tür zu.“
Wünsche oder Ausrufe lassen keinen Zweifel an der vorherrschenden Stimmung, denn sie drücken Freude und Begeisterung aus oder dienen als Warnung. Sie kommen ebenfalls immer in Begleitung eines Ausrufezeichens daher: „Tolles Kleid!“, „Herzlichen Glückwunsch!“, „Vorsicht, Auto!“
An Schaufensterscheiben und in Marketingtexten sind Stakkatosätze mit Ausrufezeichen üblich. Sie ersetzen also den Marktschreier, um auf ein Angebot hinzuweisen, und verstärken die bereits genannten Paukenschläge: „Alles muss raus! Nur heute! Extra billig!“ Nun ja.
Auch nach einzelnen Wörtern können Ausrufezeichen folgen: „Aua!“, „Pfui!“, „Haha!“ Vor allem die Boulevardpresse bevorzugt es, in Überschriften eine Mitteilung zu reduzieren und mit einem Ausrufezeichen für Aufmerksamkeit zu sorgen: „Mord!“ Und gleich wüsste der geneigte Leser gerne mehr.
Wenn ein einzelnes Wort innerhalb eines Satzes betont werden soll, kann das Ausrufezeichen nach diesem in Klammern stehen: „Es waren drei (!) Männer notwendig, um die Frau aus dem Auto zu ziehen.“ Hier bitte an ein Leerzeichen vor den Klammern denken.
Rhetorische Fragen sind zwar ihrer Form nach eine Frage, doch eine Antwort darf ausbleiben, weil sie auf der Hand liegt. Daher kann hier stattdessen ein Ausrufezeichen stehen: „Wie lange muss ich noch warten!“ Oder: „Wie lange muss ich noch warten!?“ Die Kombination aus Ausrufe- und Fragezeichen sollte eher privaten Nachrichten vorbehalten bleiben.